Der Kandidat für den CDU-Vorsitz, Friedrich Merz, hat sich bei einem Auftritt am Dienstagabend in Hessen kämpferisch gezeigt und seine Kritik an dem verschobenen CDU-Bundesparteitag bekräftigt. Es wäre gut, wenn die CDU „mit einem entschiedenen Votum in das Jahr 2021 geht“, sagte Merz vor Vertretern des CDU-Wirtschaftsrats im hessischen Kloster Eberbach. Es gebe „nicht mehr viel Zeit“, derzeit genieße seine Partei hohe Zustimmungsraten aufgrund des Vertrauens in die Bundeskanzlerin, im kommenden Jahr aber drohe angesichts von Angela Merkels Abschied aus dem Amt der Bundeskanzlerin ein „Filmriss“.
Merz kündigte beim Stichwort Digitalisierung an, „sobald ich als Parteivorsitzender gewählt worden bin“, die CDU-Zentrale im Berliner Adenauerhaus zu einer „Gedankenschmiede“ und zu einer Art „Think-Tank“ zu machen. Anlässlich der Jahresversammlung des hessischen CDU-Wirtschaftsrats sprach er zur wirtschaftlichen Lage in Deutschland und der Welt, äußerte sich aber auch zu innenpolitischen Themen wie dem Islam. Den Satz, der Islam gehört zu Deutschland, habe er „immer nicht akzeptiert“, sagte Merz. Den einen Islam gebe es gar nicht, dann könne dieser auch nicht zu Deutschland gehören. Sechs Millionen Muslime, die überwiegend die deutsche Staatsangehörigkeit hätten, seien „Teil der Bundesrepublik Deutschland. Und jetzt kommt das Aber. Dies gilt nur so lange, wie sie auch bereit sind, sich an unsere Tradition, sich an unsere Regeln, an unsere Verfassungsordnung zu halten“.
Die Mitglieder des CDU-Wirtschaftsrats unterbrachen seine rund anderthalbstündigen Ausführungen immer wieder mit langanhaltendem Applaus. Merz, der Vizepräsident des Wirtschaftsrats der CDU ist, hat im wirtschaftsnahen Flügel der Hessen-CDU viele Anhänger; er hätte sich kaum ein Publikum mit einem einheitlicheren Stimmungsbild für seine Person suchen können.
Wirtschaftsflügel steht hinter Merz
Am Montag war der CDU-Bundesvorstand der Empfehlung des Parteipräsidiums gefolgt und hatte aufgrund der Corona-Pandemie den für Anfang Dezember geplanten CDU-Parteitag in Stuttgart abgesagt. Stattdessen soll in zehn Wochen geprüft werden, ob eine Wahl im Frühjahr möglich ist. Merz hatte danach behauptet, Teile des Partei-Establishments wollten verhindern, „dass ich Parteivorsitzender werde“. Auf Twitter schrieb er, es laufe „der letzte Teil der Aktion ‚Merz verhindern‘ in der CDU. Zudem habe er „klare Hinweise“, dass sein Mitbewerber, der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet, die Devise ausgegeben habe, er brauche „mehr Zeit, um seine Performance zu verbessern“. Merz verwies auch darauf, dass er derzeit „deutlich in allen Umfragen" führe. „Wenn es anders wäre, hätte es in diesem Jahr sicher noch eine Wahl gegeben.“ Die Anschuldigungen wurden als offener Bruch Merz‘ mit der CDU-Führung gewertet.
Vertreter des CDU-Wirtschaftsflügels in Hessen äußerten sich am Dienstag unterstützend für Merz. Dieser wurde „als große Chance für eine Neuausrichtung“ der CDU bezeichnet. Weiterhin hieß es, die Führung der Bundespartei gehe gegen Merz vor; von einem „Putsch“ war sogar die Rede. „Natürlich ärgern die sich seit Monaten über die guten Umfragewerte von Merz“, hieß es. Das Argument, die Verschiebung sei aufgrund der Pandemie erfolgt, bezeichnet ein Mitglied als „vorgeschoben“.
Bouffier präferiert Laschet
In der CDU-Parteispitze in Hessen hat Merz hingegen kaum Unterstützer. Ministerpräsident Volker Bouffier galt als Anhänger Annegret Kramp-Karrenbauers, aufgrund von deren Agieren im Amte des Vorsitzes, das als unglücklich eingeschätzt wird, soll er nun dem Vernehmen nach Laschet präferieren. Öffentlich hat er sich dazu nicht eingelassen. Am Dienstag sagte er der F.A.Z.: Die Vorwürfe von Merz seien „wirklich albern, falsch und widersinnig“. Die Entscheidung „hatte nichts, aber auch gar nichts damit zu tun, ob dieser oder jener Parteivorsitzende werden soll.“
Innerhalb der Parteiführung in Hessen gibt es mehrere Anhänger von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn als Kandidat für den Vorsitz. Allerdings kandidiert Spahn (bisher) nicht dafür, sondern für den Stellvertreterposten in Form einer Tandem-Bewerbung zusammen mit Laschet. Merz hatte am Montag geäußert, er, Laschet sowie der dritte Kandidat, Norbert Röttgen, sollten ermüdet und zerschlissen werden, „um dann möglicherweise in letzter Sekunde einen Überraschungskandidaten zu präsentieren“; dies werde „systematisch so vorbereitet“. Aus Sicht einiger in der Führung der Hessen CDU wäre als derartiger Überraschungskandidat Spahn vorstellbar.
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