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Digitaler Grünen-Parteitag gestartet: Stiller Auftakt im Tempodrom - tagesschau.de

Auf ihrem digitalen Parteitag wollen die Grünen ein neues Grundsatzprogramm beschließen. Die Basis ringt um die neue Ausrichtung. Die Parteiführung schielt auf eine Regierungsbeteiligung nach der Bundestagswahl.

Die Grünen haben ihren digitalen Parteitag gestartet, auf dem sie sich ein neues Grundsatzprogramm geben wollen. Es ist ein Parteitag ohne Zwischenrufe und Beifall, ohne Jubel in diesem Corona-Winter. Unter dem Motto "Veränderung schafft Halt" tritt die Partei für einen konsequenten Klimaschutz und ökologisches Wirtschaften sowie für mehr soziale Gerechtigkeit ein. Dabattiert wird digital. Auch der seit zwei Jahren diskutierte Text, der das bisherige Grundsatzprogrammaus dem Jahr 2002 ablösen soll, wird in einer großen Videokonferenz beraten.

Zu Beginn des dreitägigen Parteitags warb Grünen-Chefin Annalena Baerbock für einen sozial-ökologischen Umbau der Gesellschaft und forderte ein offenes Ohr für Skeptiker. "Veränderung, Innovation und Bewegung sind nicht für alle eine Verheißung, sondern für viele auch eine Zumutung", sagte die Vorsitzende. "Wir müssen die Gewinnerinnen des Wandels genauso sehen wie die potenziellen Verliererinnen." Sie habe Verständnis für Zukunftssorgen etwa an Industriestandorten, die Corona-Krise könne aber zum Augenblick des Aufbruchs werden. "Dieser Wandel muss für alle funktionieren: Für den Kumpel ebenso wie für die Handwerkerin", sagte sie.

Gleichzeitig dringt Baerbock auf ein schnelles Handeln in der Klimapolitik. "Kritisch ist nicht 2040 oder 2050", sagte Baerbock in ihrer Auftaktrede, kritisch seien die kommenden zehn Jahre. "Jetzt beginnt das entscheidende Jahrzehnt."

Die Grünen-Chefin setzt in diesem düsteren Corona-Winter auf Hoffnung und starke Worte. "In diesem schlimmen Jahr zeigt sich, auf welch rauer See wir leben, was alles passieren kann", sagt Baerbock. "Doch was das Virus kann, das können wir schon lange." Schnell finde die Menschheit einen Impfstoff: "Wir können Wunder bewirken."

Angriff auf die Union

Die Grünen hoffen auf eine Regierungsbeteiligung nach der Bundestagswahl im kommenden Herbst. "Dazu braucht man in einer Demokratie Mehrheiten, eine grundsätzliche Akzeptanz und die Bereitschaft der Menschen mitzumachen", sagte Baerbock. Auch wenn es noch nicht ums Wahlprogramm und noch weniger um den Kanzlerkandidaten oder die Kanzlerkandidatin der Grünen gehen soll, nimmt die Partei Anlauf für das kommende Jahr mit Landtagswahlen und der Bundestagswahl im Herbst. Das Ziel: Den Kampf mit der Union aufnehmen, die in Umfragen derzeit 16 bis 19 Prozentpunkte Vorsprung hat.

Zugeschaltet aus 700 Wohnzimmern

Eigentlich wollten die Grünen in Karlsruhe tagen, wo die Partei 1980 gegründet wurde. Doch wegen der aktuell geltenden Corona-Beschränkungen findet der Parteitag nun digital statt. Aus mehr als 700 Wohn- und Arbeitszimmern würden die Delegierten zugeschaltet, hatte Bundesgeschäftsführer Michael Kellner vorab angekündigt. Nur der Parteivorstand und das Präsidium sind im Berliner Tempodrom vor Ort, die gleichzeitig als Sendezentrale dient. Statt auf applaudierende Delegierte schauen sie in eine stille Halle.

Während Baerbock auf einem Podium ihre Rede vorträgt, etwas einsam und ohne die übliche Parteitagsstimmung, sitzt Robert Habeck hinter ihr auf einem Kulissensofa. Kein Getose, kein Gemurmel. Baerbock ist corona-bedingt eine Alleinunterhalterin, die ihre Partei zum Aufbruch animiert.

Kontroverse Online-Debatten werden unter anderem zum sozialen Grundeinkommen, zu einem Bürgerentscheid auf Bundesebene, aber vor allem zur Ausformulierung der Klimaziele erwartet. Umstritten ist auch das Thema Gentechnik. Der Bundesvorstand plädiert für die Erforschung unter bestimmten Voraussetzungen, Änderungsanträge sehen enge Grenzen oder - ganz im Gegenteil - mehr Freiheiten vor. "Wie bei jeder Technologie muss der politische Kompass zum Umgang mit alten wie neuen gentechnischen Verfahren sein, einerseits die Freiheit der Forschung zu gewährleisten und andererseits bei der Anwendung Gefahren für Mensch und Umwelt auszuschließen", heißt es im Kompromissvorschlag der Parteiführung. "Nicht die Technologie, sondern ihre Chancen, Risiken und Folgen stehen im Zentrum."

1300 Änderungen am Grundsatzprogramm

Ein zweites Konfliktfeld: Der Bundesvorstand plädiert dafür, sich bei den Klimazielen am Pariser Klimaabkommen zu orientieren. Kritikern aus der Umweltbewegung geht das nicht weit genug, sie verlangen eine klare Begrenzung auf 1,5 Grad. Am Samstag beginnen die Beratungen zum neuen Grundsatzprogramm. Mehr als 1300 Änderungsanträge wurden dazu von der Basis eingereicht.

Mit Informationen von Sabine Henkel, ARD-Hauptstadtstudio

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